„Ich – König der Oneliner? Das halte ich für reichlich untertrieben.“
unbekannter Actionfilmschauspieler

Der moderne Actionfilm hat ohne es zu merken ein neues literarisches Genre begründet: den Oneliner. In nur einer Zeile, brutalstmöglich komprimiert auf wenige Wörter und triefend vor Coolness speit der Schauspieler (meist männlich, mittleren Alters, der Film meist actionlastig) den Gag mehr ins Publikum als dass er ihn spricht. Erste Vorformen lassen sich schon bei Bud Spencer ausmachen („Von meiner Blutprobe können die Bullen ein Betriebsfest machen“), den rasanten Aufstieg feiert der Oneliner aber spätestens mit dem Actionkino der 90er-Jahre – die Karrieren von Bruce Willis („Yippie ki-yay, Schweinebacke!“), Harrison Ford („Wollen Sie’s mit Zuckerguss oder direkt zwischen die Augen?“) oder Arnold Schwarzenegger („Hasta la vista, Baby!“) wären ohne ihn undenkbar.

Der Oneliner ist in mehrfacher Hinsicht Ausdruck des Zeitgeists. Erstens: Niemand möchte mehr auf irgendetwas warten. Essen, Downloads, Infos – alles muss möglichst gestern fertig sein, aber ein bisschen plötzlich, bitte! (auch so ein Klassiker). Also möchte man keine sorgsam vorbereiteten Witze mehr wie noch zu Zeiten von Donald Duck – da stand das Lachwasser schon in den Augen, als er gerade erst mit dem Picknickkorb zufrieden singend die Wiese betrat und man genau wusste: Irgendetwas wird gleich ziemlich schief gehen. Stattdessen die schnellen Gags – schnell ausgesprochen, schnell verstanden, schnell verdaut. Weiter geht’s.

Zweitens dienen die Oneliner häufig dazu, jemanden zu „dissen“ (Achtung Jugendsprache!), also in irgendeiner Weise lächerlich zu machen, zu kritisieren oder herabzusetzen, und das eben nicht mithilfe einer Gardinenpredigt, sondern auf die schnelle Tour (siehe auch Episode 19: „Hashtag: OMG!“). Auch diese Praxis erfreut sich in Zeiten von What’s App wachsender Beliebtheit, womit wir endlich im Schulalltag angekommen sind. Kann man dieses Wissen womöglich produktiv nutzen? Steckt hinter der wohlfeilen Gesellschaftskritik nicht auch etwas Gutes?

Das Stichwort heißt Reduktion. Jede Wahrheit lässt sich in einer Zeile ausdrücken, wage ich zu behaupten. Wozu eine Viertelstunde vor der Klasse herumschwadronieren (man hört die Aufmerksamkeitskurve geradezu ins Bodenlose fallen) – die Zeit wäre besser investiert, um die Quintessenz des zu Lernenden herauszufiltern und einzudampfen auf eine Zeile. Und die bekommt dann maximale Aufmerksamkeit.

Natürlich muss man zuvor die stilistische Feile ansetzen wie ein antiker Epigrammatiker, der nicht eher ruht, bis er seinen zwei (!) Zeilen mithilfe sämtlicher sprachlich-stilistischer Register die maximale Bedeutungsschwangerschaft abgerungen hat. Gewürzt mit einer kleinen Prise Humor, kann man dann aber kleine Kunstwerke bestaunen.

Beispiel Ableitung von Funktionen: „Geh zur Seite, sonst differenzier ich dich!“ – „Mir doch egal, ich bin die e-Funktion!“

Beispiel Niedergang der Römischen Republik: „Und dann kommt Cäsar mit seinen Legionen nach Rom, als wolle er sagen: ‚Du sitzt auf meinem Stuhl, Konsul!‘“

Beispiel if-clauses: „If you don’t understand this, you will be screwed for life!“

Ungeahnte Aufmerksamkeit wird dem Pädagogen zuteilwerden, beschränkt er sich in seinen verbalen Äußerungen nur auf das Nötigste. Schülerinnen und Schüler stoßen sich gegenseitig den Ellbogen in die Rippen, aus Angst, die eine Zeile, die für diese Stunde wichtig ist, zu verpassen: „Hey, leise, ich glaube, er möchte gleich etwas sagen!“

Die Idee könnte natürlich daran scheitern, dass sich einige Lehrkräfte selbst zu gern reden hören. Glaube ich aber nicht.