Vorbemerkung: Der folgende Text behandelt das Thema Amokläufe an Schulen. Er tut das in allzu zynischer und unangemessener Weise. Hierzu stelle ich fest: Amokläufe sind per se nichts Witziges. Man kann dem Thema aber ein wenig die Schwere nehmen, indem man es aus einer humorvollen Warte betrachtet. Weiterlesen sollte also nur, wer über genügend Distanz und Ironie verfügt oder wer sich trotz dieses Vorworts ein wenig empören will.*
Nun denn, lieber Leser, liebe Leserin, du bist offenbar mutig genug für die Wahrheit. Und die lautet: Amokläufer dieser Welt können einpacken, zumindest wenn sie unsere Oberstufe ins Visier nehmen wollen! Denn wir verfügen über eine neue Allzweckwaffe, die jeden Axtmörder das Fürchten lehrt: den KNAUF. Dabei wird in einer einfach durchzuführenden handwerklichen Prozedur die Außenklinke einer Klassenraumtür durch ein stumpfes Etwas ersetzt, das im Prinzip nur eine Bewegung unterstützt, und zwar das Zuziehen von außen. Einmal ins Schloss gefallen, lässt sich die Tür dann nur noch mittels des passenden Schlüssels öffnen. Die Klasse und ihre Lehrkraft können ungestört weiter Weisheit produzieren, während sich der Verbrecher auf dem Flur schwarz ärgert. Einfach, aber genial.
Aber wie bei jeder genialen Erfindung ist es natürlich klar, dass sehr schnell die Neider aus ihren Löchern kommen und Kritik am Konzept äußern: Was ist, wenn ich mich ausschließe?
Gar kein Problem, solange noch Schüler*innen im Raum sind, mit denen man es sich nicht gänzlich verscherzt hat und die gewillt sind, ihre Lehrperson wieder hereinzulassen. Und in die meisten Türen passen die Schlüssel sämtlichen Schulpersonals, also bitte! Einige Türen sollen, wie ich jüngst erfuhr, übrigens mit Kordeln ausgestattet werden, die ein zufälliges Zufallen in der Pause verhindern. Wobei…Moment.
Egal, der nächste Kritikpunkt lautet: Was ist mit Toilettengängen während des Unterrichts? Will man die Tür auflassen – was Zugluft und Bauweise in manchen Räumen schon stark erschweren – untergräbt man das Sicherheitskonzept und der Amoktäter freut sich über den ungestörten Einlass. Lässt man sie hinter dem Toilettengänger oder der Toilettengängerin ins Schloss fallen, weiß man beim nächsten Klopfen nicht sicher, wer auf der anderen Seite steht. Der Übeltäter kann sich ein zaghaftes Schüler*innenklopfen bestimmt schnell aneignen und schon fällt die naive Lehrperson darauf herein und es gibt ein großes Hallo.
Aber auch dieses Problem lässt sich aus der Welt schaffen, indem man ein kursinternes geheimes Klopfzeichen vereinbart: Dreimal kurz, dreimal lang, was weiß ich – wobei: Wie klopft man lang?
Das Zeichen muss natürlich tagesaktuell gehalten werden, damit die Schweinebacke mit der Armbrust keine Gelegenheit hat, sich darauf einzustellen.
Setzt man dann nicht solche zur Toilette gehenden Schüler*innen einer zu großen Gefahr aus? Allein auf weitem Flur mit Mr. Pumpgun? Da möchte ich anregen, mal grundsätzlich über die Notwendigkeit von Toilettengängen während des Unterrichts nachzudenken. Eine leere Flasche findet sich bestimmt immer.
Manche ewigen Meckerer überzeugt aber auch das noch nicht: „Und wenn der Täter in der Pause kommt?“
Wer sagt denn, dass man Pausen außerhalb des Klassenraums zu verbringen hat? Und ein Raumwechsel geht, wenn man nicht trödelt, meistens innerhalb von drei Minuten. Ja, auch vom Musikraum nach 5205! Hab’s mal gestoppt.
Und wenn er vor dem Unterricht kommt?
Meine Güte, ich gebe es zu: Auch der Wunderknauf ist nicht perfekt, war es das, was ihr hören wolltet? Viel wichtiger als tatsächliche Sicherheit ist doch das Sicherheitsgefühl. Und bei Maßnahmen, die der Sicherheit dienen, sollte man wirklich nicht allzu lange nachdenken, sondern sich einfach freuen, dass man wahrscheinlich sicher ist. Oder sicherer.
So oder so ähnlich verlief neulich ein Lehrerzimmergespräch in der großen Pause, nach der ich wie gewohnt meinen Klassenraum aufsuchte. Noch während ich die Anwesenheit feststellte und etwas zum Denken Anregendes an die Tafel schrieb, klopfte es an der Tür.
Zaghaft.
Und ich hatte ein bisschen Puls.
* Jajaja, ich weiß, ich habe derartige Präambeln schonmal verteufelt (vgl. Episode 140: „Das ist Warnsinn!“), aber der Text gefällt mir zu gut, um im Giftschrank zu verschwinden.