(Ein Bericht von Stefan Ihnen)
Als Fuß eines Schülers hat man normalerweise ein recht bequemes Leben; kurze Wege von einem Klassenraum in den nächsten und die weiteste Strecke ist die zum Auto oder zum Fahrrad.
Doch die Studienfahrt unserer Tutorien 13SH, 13AC und 13BM stellte die Schülerfüße vor eine große Herausforderung, man denke dabei beispielsweise an das 500 Stufen hohe Völkerschlachtsdenkmal oder den Spurt zur Leipziger Oper. Doch von Anfang an:
Nachdem wir um 6:ooUhr mit einem Reisebus vom Schulzentrum abgefahren waren, erreichten wir nach einer sechseinhalbstündigen Busfahrt um 12:30Uhr das A&O-Hostel in Leipzig. Um 15:00Uhr konnten wir unsere Zimmer für die nächste Woche beziehen. So weit, so gut. Um 16:00 Uhr startete die Stadtführung in zwei Gruppen. Die Strecke war, genauso wie die darauf folgende am Abend, noch durchaus zu schaffen. Als es dann doch zu viel wurde, entschieden wir uns kurzerhand für die Straßenbahn.
Der Dienstag war vollgepackt mit Terminen. Nach einem gemeinsamen Frühstück machten wir uns auf zu unseren Vorlesungen an der renommierten Leipziger Universität. Im Vorfeld hatten wir die Gelegenheit gehabt, uns für eine von drei Vorlesungen zu entscheiden. Die zweistündigen Vorträge waren interessant und lehrreich, doch zum reflektieren oder verschnaufen blieb uns keine Zeit, denn mit dem Museum in der „Runden Ecke“ begannen um 13:00Uhr die ersten Führungen.
In der „Runden Ecke“, einer ehemaligen Stasi-Zentrale aus DDR-Zeiten, erhielten wir einen intensiven Einblick hinter die Kulissen des DDR-Regimes. Wir konnten uns ansehen, wie ein geheimer Stasi-Mitarbeiter ausgestattet wurde und wie die bekannten Stasi-Akten entstanden.
Der Blick auf die DDR-Geschichte wurde im Anschluss noch weiter vertieft: um 16:00Uhr ging es in das „Zeitgeschichtliche Forum“; hier hörten wir viele bereits bekannte, aber auch neue, interessante Fakten über die Deutsche Demokratische Republik.
Ab hier begann auch das letzte Paar Füße zu realisieren, dass die hier zu laufenden Strecken deutlich länger und anstrengender waren als zu Hause. Nach dem gemeinsamen Abendessen folgte ein wenig Entspannung: am Abend ging es ins Kabarett. Eine Vorstellung konnte in der Pfeffermühle angeschaut werden, die andere fand im „academixer-Keller“ in statt.
Am nächsten Morgen, nach einem noch früheren Frühstück, fuhren wir mit dem Bus nach Dresden. Hier besuchten wir den berühmten Zwinger, die Frauenkirche und den Fürstenzug, ein 102 Meter langes Porzellanbild, bestehend aus rund 23.000 Fliesen aus Meißner Porzellan. Deutlich gehen hier in Dresden Elemente der frühen Neuzeit, dem Barock, der DDR und der Gegenwart einher und liefern ein beeindruckendes Gesamtbild.
In zwei Gruppen eingeteilt, nahmen wir an einer Stadtführung teil, bei der wir unter Anderem die eben genannten Sehenswürdigkeiten in Augenschein nahmen und einen besseren Einblick in die Stadt Dresden erhielten. Die Veranstaltungen, die am Nachmittag stattfanden, brachten uns weg von dem Barock zurück zu aktuelleren Themen. Um 15:00 Uhr hörte die erste Gruppe im „Hannah-Arendt Institut für Totalitarismusforschung“ einen Vortrag von Prof. Dr. Günther Heydemann. Er erzählte von der Geschichte des Institutes und dem NS- sowie DDR-Regime. Gemeinsam erarbeiteten wir Merkmale von einer Diktatur und verglichen die Nazi-Herrschaft mit der DDR-Regierung. Zeitgleich fand für die andere Gruppe eine Führung in der nur wenige Meter entfernten Gedenkstätte am „Münchener Platz“ statt. Diese Führung thematisierte das ehemalige Gerichtsgebäude, in dem heute das Museum zu finden ist. In dem Gericht wurden sowohl Gegner der Nazis als auch Gegner der DDR von diesen verurteilt und zumeist hingerichtet. Bis Mitte des 19. Jhd. stand sogar ein Fallbeil im Innenhof des Gebäudes; mit diesem wurden Gegner der Nazis und DDR-Regierung wie im Mittelalter geköpft.
Nachdem die Gruppen getauscht hatten, fuhren wir um 17:30 Uhr zurück nach Leipzig. Nach dem gemeinsamen Abendessen wurden wir entlassen und konnten den weiteren Verlauf des Abends selbst gestalten.
Der nächste und vorletzte Tag der Studienfahrt thematisierte inhaltlich die Völkerschlacht von 1813, bei der die Befreiungskriege in einer finalen Endschlacht vom 16. bis 19. Oktober ein Ende fanden. Russische, preußische, österreichische und schwedische Truppen kämpften gemeinsam gegen die Truppen Napoleon Bonapartes und sicherten sich mit ihrem Sieg ihre Unabhängigkeit. Die Ausstellung „Helden nach Maß“ des stadtgeschichtlichen Museums, welches wir pünktlich um 9:00 Uhr betraten. Die Ausstellung befasste sich mit einzelnen Personen, die aufgrund ihrer Taten oder Motive aus dem historischen Kontext herausgegriffen wurden. Nach der Führung durch das Museum hatten wir wieder ein wenig Zeit für uns; danach ging es zum Völkerschlachtsdenkmal.
Das Völkerschlachtsdenkmal, ein imposanter Gebäudekomplex, wurde 1913 zum Gedenken an den Sieg über die französischen Truppen erbaut. Das 91 Meter große Denkmal ist mit den Rittern aus Stein im Inneren eher im mittelalterlichen Flair gebaut – kein Krieger trägt eine Uniform oder ein Gewehr. 500 Stufen führen hinauf zur Aussichtsplattform, die ursprünglich gar nicht für Besucher frei zugänglich sein sollte. Nachdem die Schülerfüße auch diese große Hürde genommen hatten, ging es nach einer Führung zum Thema Völkerschlachtsdenkmal wieder zurück zum Hostel und wir aßen ein letztes Mal zu Abend.
Der letzte große Schock für sowohl die Schüler als auch deren Füße war die Tatsache, dass die Oper, die wir an dem Abend zu besuchen gedachten, bereits eine halbe Stunde früher als gedacht angefangen hatte. In einem Tempo, auf das sogar Usain Bolt neidisch gewesen wäre, eilten wir zur Leipziger Oper und konnten die Vorstellung der Oper „Rigoletto“ von Verdi doch noch genießen.
Hinterher waren bestimmt einige Schülerfüße froh, dass sie keine Ohren sind, aber alles in allem war die Resonanz eher positiv und ein Besuch der Leipziger Oper als auch Verdis Oper „Rigoletto“ nur empfehlenswert.
Am nächsten Morgen ging es pünktlich um 9:00 Uhr mit dem Reisebus wieder nach Hause. Nach einer diesmal etwas längeren Fahrt erreichten wir um 17:00Uhr wieder die IGS Aurich-West und wurden müde ins Wochenende entlassen. Und wenn wir eines auf der Kursfahrt gelernt haben, dann ist es das, die kurzen Strecken von einem Klassenraum zum nächsten noch mehr zu schätzen.
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