(Anna Bolk) Moin, moin,
ich bin wieder da aus Südafrika. Vielleicht erinnern sich die ein oder anderen noch an mich, das Mädchen Anna Bolk, welches nach dem erfolgreich absolvierten Abitur an der IGS Aurich-West den Plan hatte ein Jahr nach Südafrika zu gehen.
Jetzt ist ein Jahr vergangen und ich kann euch sagen, es hat geklappt. Ich durfte meinen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst zusammen mit „weltwärts“ und dem ASC Göttingen 46 e. V. als Entsendeorganisation absolvieren. Der ASC Göttingen bietet die Möglichkeit seinen Freiwilligendienst im Medium Sport zu machen. Dies hat mich persönlich stark angesprochen, da ich viele Jahre zuvor Leistungssport betrieben habe. Auch der Aspekt, dass ich an einer Schule arbeiten soll war interessant für mich.
Wir hatten zwei Vorbereitungsseminare, bevor es losging nach Südafrika. Die haben mir echt geholfen mich auf das Land einzustellen und vielleicht eine Idee zu entwickeln, was auf einen zukommt, aber im Endeffekt hat man keine Ahnung, auf was man sich einlässt.
Als es dann am 16.08.2016 hieß sich von allen für ein Jahr zu verabschieden sind einige Tränen geflossen, aber ich war auch voller Vorfreude, auf das was kommt. In Südafrika bin ich dann am 17.08.2016 nach 10 Stunden Flug angekommen. Man erwartet wahrscheinlich, dass ich einen riesigen Jetlag gehabt haben muss. Von wegen, Südafrika liegt in der gleichen Zeitzone wie Deutschland, ich bin sozusagen einmal gerade nach unten geflogen.
Mein Einsatzort in Südafrika war Berlin (5660 East London). Ein wirklich kleiner Ort mit etwa 3000 Einwohnern. Berlin besteht aus einer Hauptstraße, in der die wichtigsten Geschäfte sind, aber für den richtigen Einkauf mussten wir 30 Minuten zur nächst größeren Stadt East London fahren. In Berlin habe ich mit fünf anderen Freiwilligen vom ASC Göttingen zusammen gewohnt. Gearbeitet habe ich mit meinem Projektpartner Conor Thieme zusammen an der Nkosinathi Primary School. Die Schule liegt direkt im Township von Berlin und hat 11 Lehrer und zurzeit 410 Schülerinnen und Schüler von Klasse 1 bis 7. Hinzu kommt noch eine Art Vorschule, die „Grade R“ genannt wird.
Unsere Aufgabe an der Schule bestand hauptsächlich darin, den Sportunterricht mit Klasse 1 bis 7 zu machen, wenn jedoch Probleme mit dem Drucker oder dem Laptop aufgetreten sind, hatten wir immer eine helfende Hand frei.
Jeden morgen sind Conor und ich 20 Minuten durch den Ort zur Schule gelaufen. Noch nicht ganz an der Schule angekommen sind uns schon die Erstklässler entgegen gerannt, um uns in die Arme zu springen. Auf dem Schulhof kamen die Schüler auf dich zu, um dich zu fragen, welche Klasse denn heute dran sei, in der Hoffnung, dass der Name der eigenen Klasse fällt. Falls ihre Klasse nicht dabei ist, wird von fünf unterschiedlichen Kinder nochmal nachgehakt, ob wir uns nicht doch geirrt haben. Wenn es dann soweit ist und wir eine Klasse aus dem Klassenraum holen wollen, merkt man schon beim Hineingehen in die Klasse, wie sich alle beherrschen müssen, erst nach der Erlaubnis des Lehrers aus dem Klassenzimmer zu stürmen. Bei 40 -70 Kindern in einer Klasse kann es dann manchmal auch ganz schön eng im Türrahmen werden. Auf dem Feld geht es dann endlich los.
Im Sportunterricht haben wir hauptsächlich Spiele gespielt, wie „ Who is scared of the lion?“ (Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?), Fußball, Völkerball oder zum Beispiel Brennball. Diese Spiele sollten den Kindern einfache Regeln, wie Fairness, Ehrgeiz, Teamfähigkeit und andere Fähigkeiten vermitteln. Nelson Mandela sagte einmal: „Sport has the power to change the world“. Einige Male habe ich mich in den Stunden an diesen Satz erinnert und jedes Mal gedacht, wie recht er damit hat.
Vielleicht ist es sich schwierig in einem kurzem Zeitraum, wie zum Beispiel einem Jahr, die komplette Welt durch den Sport zu verändern aber die Welt von einer einzelnen Person in diesem Zeitraum zu verändern ist einfacher, als man denkt. Dies wurde mir jedes Mal wieder aufs Neue bei der Arbeit mit meinen Schülern gezeigt. In einer Schule mit 410 Kindern ist es schwierig, die Entwicklung von jedem einzelnen Kinder über ein Jahr zu beobachten. Aber neben der Schule hatten wir die Möglichkeit den Kindern Nachmittagsprojekte anzubieten. Meine Nachmittagsprojekte waren ein Mädchenfußballteam, mit Mädchen im Alter von 11 bis 14 Jahren, über die gesamte Zeit in Berlin und ein Leichtathletikprojekt von November bis April. In den Projekten entwickelt sich natürlich ein enger Kontakt zu den Kindern, durch den es sich erleichtert ihnen den Sport näher zu bringen. Als ich mein Fußballprojekt angefangen habe, wussten die Mädchen nicht, wie man passt, geschweige denn, wo sich der Verteidiger auf dem Fußballfeld platzieren muss. Im Laufe der Zeit konnte ich den Ehrgeiz der Mädels wecken und von Training zu Training zeigten sich jedes Mal Fortschritte. Am Ende des Jahres habe ich mit dem Team an vier Freundschaftsspielen und einem Fußballturnier teilgenommen, bei dem noch sieben weitere Freiwilligenteams dabei waren. Eine tolle Motivation für mein Team auch im nächsten Freiwilligenjahrgang dabei zu bleiben und immer besser zu werden.
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Jedoch haben wir nicht nur Fußballspiele oder Turniere organisiert, sondern haben auch an Leihathletikwettkämpfen vom Eastern Cape erfolgreich teilgenommen. Der größte und schönste Ausflug war eine Fahrt zu dem Netballturnier (so ähnlich wie Korbball) in das 315 km entfernte Coffee Bay. Auf diesem Ausflug haben wir 10 Schülerinnen von unserer Schule und 9 Schülerinnen von der Nachbarschule Nobuto Primary School, an der auch zwei Freiwillige aus unserem Ort waren, mitgenommen. Der Ausflug hat einigen Mädchen ermöglicht, zum ersten Mal das Meer zu sehen, das erste Mal in einem Backpackers (eine Unterkunft, wie ein Hostel nur sehr gemütlich und persönlich eingerichtet) zu schlafen oder mal einen Ausflug ohne Eltern zu machen.
An diesem Wochenende stand der Sport im Vordergrund, sodass die Kinder keine Zeit hatten, um Heimweh zu bekommen. Am Freitag sind wir noch am Abend ins Meer gesprungen und am Samstag wurde dann den ganzen Tag Netball gespielt. Unsere Mannschaft hat dabei den ersten Platz gemacht. Abends gab es noch Pizza und als die Musik aufgedreht wurde gab es kein Halten mehr beim Singen und Tanzen. Das Wochenende war mit eines der schönsten Erlebnisse, die ich über das komplette Jahr machen durfte.
Wenn Ferien waren, bot sich für uns meistens die Möglichkeit zu reisen, da die Kinder entweder zu Hause helfen mussten oder zu Verwandten gefahren sind. Südafrika ist ein tolles Land zum Reisen. Es gibt viele verschiedene Landschaften zu sehen und viele Möglichkeiten etwas zu erleben. Über das Jahr hinweg bin ich von Kapstadt hoch bis nach Johannesburg gereist und habe sehr viel gesehen. Auch die Drakensberge und Lesotho mussten mit im Programm sein. Meine Lieblingsorte waren dabei natürlich Kapstadt aber auch Coffee Bay, St. Lucia, Sodwana Bay, Lesotho, die Drakensberge, Port Elizabeth mit dem Addo Elephant Park und natürlich Berlin der Ort, wo ich gelebt habe. An jeden dieser Orte würde ich gerne noch einmal zurückkehren. Dort habe ich von sechsstündigen Wanderungen über Tauchen mit einer Sauerstoffflasche bis hin zu Safaris alles erlebt, was man sich nur vorstellen kann.
Zusammengefasst war der Freiwilligendienst die beste Entscheidung, die ich bis jetzt getroffen habe. In dem Jahr habe ich mich persönlich weiter entwickelt. Ich durfte in die südafrikanische Kultur eintauchen und sie leben, dadurch ist mein Selbstbewusstsein gestiegen und der Smalltalk mit anderen Menschen fällt mir deutlich leichter. Was auch zu meinen großen Errungenschaften gehört ist, die englische Sprache fließend zu sprechen, allerdings mit einem afrikanischen Akzent, auf den ich stolz bin.
Durch das Auslandsjahr habe ich sehr viele Erfahrungen gesammelt und die Zusammenarbeit mit meinen Schülern hat mich in meinem Zukunftswunsch gymnasiale Lehrerin für Mathematik und Chemie zu werden, gefestigt. Meine wärmste Empfehlung ist einen solchen Freiwilligendienst zu machen, denn wann im späteren Leben hat man denn schon Zeit dazu ein Jahr lang ins Ausland zu gehen, um eigene Erfahrungen zu sammeln und etwas zu erleben.
Ein riesiges Dankeschön möchte ich an meine Spender richten, die mich durch Geld- oder Sachspenden in dem Jahr kräftig unterstützt haben. Einen großen Teil habe ich für Sportmaterialien, wie Fußbälle, Basketbälle, Volleybälle, Netballkörbe und Sportdays ausgegeben. Durch die Spenden konnte ich auch die Freundschaftsspiele organisieren und zu den Veranstaltungsorten fahren. Das Wochenende in Coffee Bay wurde auch komplett von euren Spenden finanziert. Am Enden des Jahres war noch so viel Geld übrig, dass ich jedem Mädchen aus meinem Fußballteam einen eigenen Ball schenken konnte.
Ein besonderer Dank geht an den TUS Westerende. Dieser hat mir viele Bälle gesponsort, einen kompletten Trickotsatz, der auf den oberen Bildern vom Fußball zu sehen ist und an die sechzig Sporthosen. Alle diese Spenden sind entweder an mein Fußballteam gegangen oder meine Schule. Die Spenden, die ihr mir gegeben habt sind, wie ihr mitbekommen habt direkt in meine Projekte, an meine Schule und zu guter Letzt an die Schüler der Nkosinathi Primary School gegangen.
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